Im Grenzdickicht verheddert

Daß es kompliziert werden würde, war mir vorher klar. Über die Republikgrenzen, die in der Sowjetzeit gezogen wurden, hatte ich mich bereits ausgelassen. Nicht nur, daß sich die Gebiete der 3 Länder Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan im Bereich des Ferganatals wie ein dreiarmiges Sonnenrad verhaken veranlasst den Reisenden zu Umwegen, zu allem Überdruß gibt es noch eine große Zahl von Enklaven/Exklaven (je nach Standpunkt), die sich vor allem innerhalb des kirgisischen Staatsgebietes befinden.

So machte ich mich also fest entschlossen von Кадамжай nach Шахимардан auf und ließ mich von einem kirgisischen Taxi bis an die Grenze der Enklave mitnehmen. Der kirgisische Grenzposten ließ mich nicht hinausaus, sondern erklärte mir, daß der Übergang nur für Inhaber kirgisischer und usbekischer Pässe freigegeben sei.

Dann begann ein längeres Procedere, dessen Sinn ich mangels Sprachkenntnissen völlig mißverstand. Es war die Rede von Paßkopien, wovon ich (welch sträflicher Leichtsinn!) keine dabei hatte. Also fuhr ein kirgisischer Grenzsoldat zuerst erfolglos ins nächste Dorf auf seiner Seite, danach auf die usbekische (dahin aber ohne Sturmgewehr). Ich hatte schon gehofft, eine Sondergenehmigung zu bekommen, aber als Ergebnis der 3stündigen Bemühungen erging ein Verwaltungsakt, der mich berechtigte, auf meiner Anreisestraße wieder zurückzufahren (die hätte ich nämlich gar nicht benützen dürfen).

Die kirgisischen Grenzbeamten waren sehr freundlich; man hat mir sogar einen Stuhl in den Schatten gestellt. Erstaunlicherweise entstanden mir durch den ganzen Aufwand keine Kosten. Ein usbekischer Taxifahrer wurde sogar noch „von Staats wegen“ dazu verdonnert, mich mitzunehmen; die Hinfahrt hatte 50 Som gekostet.

Veröffentlicht mit WordPress für Android

image


Kommentare

Im Grenzdickicht verheddert — 5 Kommentare

  1. Zu den Grenzen aus der Sowjetzeit:

    Nach der kommunistischen Machtübernahme zog die Unionsregierung in Moskau die Grenzen Mittelasiens in mehreren Schritten völlig neu. Das Bestreben, mit der Grenzziehung evtl. Abspaltungsbestrebungen der einzelnen Völker zu vereiteln, ist klar zu erkennen. Die Grenzen zerschneiden ethnische Siedlungsgebiete, bilden Enklaven, zerschneiden Verkehrswege.

    Jeder Versuch zum Verlassen der Union (СССР) hätte zwangsläufig zu Ärger und Krieg nicht nur mit der Zentralregierung, sondern auch mit allen Nachbarn geführt. Unter diesem Gesichtspunkt erstaunt es, daß es beim Zerfall der UdSSR zu sowenig kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen ist. Raumfremde Großmächte hatten auch damals schon ein Interesse, sich zwischen China, Rußland, Iran und Europa festzusetzen. Möglicherweise fühlten sie sich damals aber so stark, daß sie glaubten, auf unverblümte Einmischung wie Libyen oder Syrien verzichten zu können.

  2. Zurück in Kadamschaj (Кадаижай): Wahnsinn! Habe gerade ein schattige Tschaichana (Teestube) am kalten „Eisbach“ (der ein Eisfluß ist und mindestens fünfmal so breit wie der Bach im Englischen Garten von München) gefunden. Jetzt habe ich Muße, über den Mißerfolg von heute vormittag nachzudenken und die weiteren Etappen anzudenken; der Mißerfolg kam durchaus nicht unerwartet, aber ungelegen.

    Für Ausländer hat sich also seit 2009 nicht viel geändert – es gibt nach wie vor nachrangige Grenzübergänge, die sie nicht benützen dürfen. Für Kirgisen und Usbeken hat sich jedoch viel geändert – sie brauchen kein Visum mehr. Beispielsweise gibt es jetzt auf der Transitstrecke zwischen Fergana und Schahimardan usbekische Sammeltaxis.

    Für mich ist dieser Übergang nach Fergana jedoch auch tabu. Zurückfahren nach Osch kommt nicht in Frage – bleibt also nur der Weg nach Batken und weiter nach Tadschikistan; der dortige Übergang ist international. Es gibt noch einen im äußersten Westen Kirgisistans bei Isfana, der aber auch eingeschränkt ist. Auf den Südteil des Ferganatales mit Andijan, Fergana und Kokand werde ich wohl verzichten; man kann auch alles übertreiben. Auf Buchara in Mittelusbekistan möchte ich aber nur ungern verzichten. Mal schauen, was mir dazu einfällt und was davon wirklich geht.

  3. Habe mich entschlossen, 2 Nächte in Batken zu bleiben, um heute ganz in den Westzipfel Kirgisistans fahren zu können. Die einfache Fahrt mit dem Taxi kostet pro Person 600 Som; Marschrutka geht nur einmal (13 Uhr) am Tag. Es scheint, als gebe es eine Straße, die sich um tadschikisches Gebiet herumwindet, woraus sich vermutlich der hohe Preis ergibt.

    Bis jetzt bin ich allerdings der einzige Fahrgast; 4 müssen noch kommen.

    Morgen langt’s mir dann endgültig mit den Grenzen und ich werde mich in den Nordteil Tadschikistans begeben.

    • 11:13h, Taxi nach Исфана (Isfana) fährt los. Hoffentlich komme ich da wieder zurück; mein Gepäck bleibt in Batken und den Übergang bei Isfana darf ich nicht benützen. Was will ich eigentlich dort? Hat noch eine dreiviertel Stunde Fahrgäste und Ladung in der Stadt zusammengesucht, getankt und ist dann endlich gefahren.

      Um 14:30 sind wir angekommen. Bin ich für meine Sturheit froh! Die grandiose Landschaft hat für die Warterei und Zauderei überreichlich entschädigt. Jedem mit 1-2 Tagen Zeit kann ich nur empfehlen, diese Strecke zu fahren. Der Ort selbst ist auch angenehm.

  4. In diesen Grenzregionen habe ich meist den falschen Sprachführer einstecken: wenn ich usbekisch dabeihabe wollen sie kirgisisch mit mir reden usw. Gerade habe ich am Rand von Chudschand tadschikisch einstecken, aber sie möchten usbekisch reden.

Schreibe einen Kommentar